Funktionsprinzip eines Zweitaktmotors

 

Ein Zweitaktmotor in seiner reinsten Form ist im Aufbau und im Betrieb extrem einfach, da er nur aus drei beweglichen Hauptbaugruppen besteht nämlich dem Kolben, der Pleuelstange und der Kurbelwelle. Das Erklären des Zyklen des Zweitakters ist jedoch schwierig, weil bestimmte Phasen gleichzeitig auftreten und es schwierig ist, das Ende der einen und den Beginn der anderen Phase voneinander sauber zu trennen.

Im laufe der Jahre wurden mehrere Arten des Zweitakters entwickelt von denen jede Variante seine eigenen Vor- und Nachteile aufweist. Diese Tatsache hat bereits viele dazu getrieben, eine interessantere Website zu diesem Thema zu gestalten. Also gehe ich nicht auf die kleinsten Details jeder Variante ein. Die folgenden Ausführungen befassen sich mit der Motorvariante bei der die Einspritzung über ein Rückschlagventil in der Wand des Kurbelgehäuses gesteuert wird.

Die einfachste Weise den Zweitaktbetrieb zu beschreiben ist es, dem Strömungsverlauf der Gase beginnend am Vergaser zu folgen. In diesem Fall beginnt der Zyklus mit der Komprimierungsphase.

Durch die Aufwärtsbewegung des Kolbens wird im Kurbelgehäuse ein Unterdruck erzeugt. Das Kraftstoff- Luft- Gemisch strömt durch das Rückschlagventil in das Kurbelgehäuse. Theoretisch ist in diesem Moment der Ansaugvorgang beendet. In der Praxis strömt jedoch noch Gas in das Kurbelgehäuse ein während der Kolben wieder in der Abwärtsbewegung ist. Dies geschieht insbesondere auch bei hohen Drehzahlen.
Während der Abwärtsbewegung erzeugt der Kolben einen Überdruck im Kurbelgehäuse welcher das Rückschlagventil schließt. Das Kraftstoff- Luft- Gemisch wird so lange verdichtet, bis der Kolben den Überströmkanal im Zylinder freigibt und das Gemisch in den Zylinder strömt. Der Motor der hier beschrieben wird, wird auch schleifengereinigter Zweitakter genannt, weil die ankommende Mischung einen kreisförmigen Weg beschreibt, wie in der Abbildung dargestellt. Was aus der Abbildung nicht eindeutig hervorgeht ist, dass der Hauptanteil der Mischung an der gegenüberliegenden Zylinderwand reflektiert wird. Dies verringert die Menge des Gemischs welches aus der geöffneten Auslaßöffnung entweicht und schließt die Strömung sozusagen kurz.

Das Einströmen der Mischung geht so lange weiter, bis der Kolben wieder hoch genug gelaufen ist um die Ansaugöffnung zu schließen, womit wir unsere Betrachtung begonnen haben.

Nach etwa weiteren 25° Kurbelwellendrehung ist die Abgasöffnung vom Kolben verschlossen. Das eingeschlossene Kraftstoff- Luft- Gemisch wird nun durch den sich aufwärts bewegenden Kolben verdichtet. Zur gleichen Zeit wird frisches Kraftstoff- Luft- Gemisch in das darunterliegende Kurbelgehäuse angesaugt.

Kurz bevor der Kolben den oberen Totpunkt erreicht, ungefähr 30° vor der oberen Stellung der Kurbelwelle wird das Gemisch gezündet. Der Zündzeitpunkt ist so gewählt, dass die Verbrennung kurz nach dem oberen Umkehrpunkt des Kolbens ihren Höchstdruck erreicht. Das sich ausdehnende Abgas bewegt den Kolben nach unten bis dieser die Auslaßöffnung freigibt. Der Großteil des Drucks wird innerhalb einiger weniger Grad Umdrehungswinkel freigesetzt nachdem die Auslaßöffnung freigegeben wurde.

Noch verbliebene Abgase werden durch das Einströmen des frischen Kraftstoff- Luft- Gemischs durch die Auslaßöffnung ausgestoßen.

Damit ist der Zweitaktzyklus vollständig. Die Wirkungsweise eines Zweitaktmotors ist damit jedoch noch nicht komplett beschrieben.

Die Abgasanlage spielt ebenfalls eine wichtige Rolle für die Wirkungsweise eines Zweitaktmotors. Nach der Auslaßöffung ist eine Expansionskammer angebracht. In der Expansionskammer wird die Energie der Druckwellen der Auspuffgase, die sich mit Schallgeschwindigkeit ausbreiten dazu genutzt um das Kraftstoff- Luft- Gemisch im Zylinder nachzuverdichten (überladen). Im untenstehenden Bild ist dargestellt wie die energiereichen Abgase in den Krümmer entweichen nachdem der Kolben die Auslaßöffnung freigegeben hat.

 

Die (Schall-) Druckwelle, die durch die plötzliche Freisetzung des Zylinderdrucks entsteht, pflanzt sich entlang des Abgaskrümmers fort bis sie den Beginn des Kegels der Expansionskammer erreicht. Aus Sicht der Schallwellen erscheint die Expansionskammer wie ein offenes Rohr an dem ein Teil der Energie in den Krümmer mit umgekehrtem Vorzeichen zurück reflektiert wird. Es entsteht dadurch ein Unterdruck. Die Winkel der Kegelwände bestimmen die Höhe des Unterdrucks und die Länge des Kegels bestimmt die Dauer der Unterdruckwelle.

Der Unterdruck unterstützt das einströmende Kraftstoff- Luft Gemisch beim Einströmen in den Zylinder und saugt auch einen Teil des Gemischs aus der Auslaßöffnung heraus. Währenddessen pflanzt sich die durch die Expansion geschwächte Druckwelle durch die Expansionskammer fort. Der sich verengende Abschnitt der Kammer wirkt wie ein geschlossenes Rohr auf die Druckwelle und verursacht eine zurücklaufende Druckwelle. Dieser Kegel verengt sich stärker als der der Expansionskammer damit so viel Energie reflektiert wird dass der durch die Expansion entstandene Unterdruck überkompensiert werden kann.

Das Eintreffen der Druckwelle ist so berechnet dass sie die Auslaßöffnung erreicht bevor sie durch den Kolben wieder geschlossen wird. Das aus dem Zylinder ausgetretene frische Kraftstoff- Luft- Gemisch wird so in den Zylinder zurück gedrückt. Der Zylinder wird so mit einer größeren Gemischmenge gefüllt als normal. Das gerade Stück zwischen den Kegelabschnitten stellt sicher, dass die reflektierte Druckwelle zur richtigen Zeit an der Auslaßöffnung eintrifft.

Weil dieses System Schallenergie verwendet um den Zylinder zu überladen, ist es durch die Schallgeschwindigkeit im heißen Abgas, den Abmessungen der unterschiedlichen Abschnitte der Abgasanlage und der Öffnungsdauer der Auslaßöffnung bestimmt. Aus diesem Grund ist sie nur für einen eng begrenzten Drehzahlbereich optimal wirksam sind. Dieses erklärt auch warum Zweitaktmotorräder, die mit Expansionskammern in der Abgasanlage ausgerüstet sind in einem eng begrenzten Drehzahlbereich ihr Leistungsmaximum erreichen. Wenn das Design wie es hier dargestellt ist realisiert wird, also ein einzelner Expansionbereich und ein einzelner Kompressionsbereich, gleicht das Leistungsspektrum des Motors über der Drehzahl wie ein Schalter der eingeschaltet wird sobald die Abgasanlage in Resonanz kommt. Es kommt zu einer sehr großen, fast blitzartigen Leistungszunahme. Das Leistungsspektrum kann verbreitert werden indem die Winkel der Kegel verringert werden. Dies bewirkt aber auch eine geringere Überladung des Zylinders. Um einen Kompromiß aus hoher Leistung und breitem Leistungsspektrum zu erhalten sollten die Kegelstücke aus unterschiedlich steilen Abschnitten bestehen.

Das korrekte Design einer Expansionskammer gleicht einer schwarzen Kunst obwohl Formeln zur Berechnung der Auspuffanlage existieren. Es gehört schon etwas mehr dazu als einfach die passenden Winkel und Längen basierend auf der Schallgeschwindigkeit auszuwählen. Auch die Dimensionen des Abgaskrümmers und des Endrohres spielen eine Rolle. Das Design einer mehrstufigen Expansionskammer wird unglaublich schwierig. Hier erfolgt die Annäherung an das gewünschte Ergebnis im Allgemeinen schrittweise. Die Lage und Öffnungsweiten der Ein- und Auslaßöffnungen werden im Allgemeinen in das Design der Expansionskammer mit einbezogen.

Die nun folgende Animation veranschaulicht die vorangegangenen Ausführungen.